Verbandspräsident Klaus Zeh (Archiv Deutscher Familienverband)

Noch immer streitet die Bundesregierung um die Kindergrundsicherung, die junge Menschen aus der Armut holen soll. Dabei geht es vorwiegend um die Finanzierung. Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV), äußerst sich dazu am Montag im Radiointerview mit dem Mitteldeutschen Rundfunk (mdr).

mdr AKTUELL: Herr Zeh, was sagen Sie zu diesem Gerangel ums Geld?

Klaus Zeh: Wir sind einigermaßen enttäuscht bis zornig, um es mal vorsichtig zu sagen. Es ist eben wie immer, dass die Familien am Ende hinten runterfallen, wenn es andere Prioritäten gibt.

Ich habe ein bisschen befürchtet, dass es so kommt, nachdem die „Zeitenwende“-Rede (von Bundeskanzler Olaf Scholz, Anmerk. Redaktion) andere Prioritäten gesetzt hat – auch verständlicherweise. Als dann das Inflationsausgleichsgesetz kam, war mir klar, dass die Familien am Ende wahrscheinlich wieder leer ausgehen.

Das ist kein schönes Zeichen, auch nicht von Politik, denn bei den Kindern handelt es sich um unsere Zukunft. Dass das so eine geringe Rolle spielt, ist nicht gut, kein schönes Zeichen und auch nicht zukunftsgewandt.

Wie ist es denn grundsätzlich um die Armut von Kindern und Familien in Deutschland bestellt?

Es ist tatsächlich so, dass die Armut der Familien mit Kindern stärker wird. Sie sind mehr belastet, auch gerade jetzt, in Zeiten der Inflation. Die „Basics“ (grundlegende Konsumgüter) sind teurer geworden, stärker als die Inflationsrate und damit eigentlich eine größere Belastung insgesamt.

Aber nicht nur wegen der Inflation, sondern generell sind die Belastungen der Familien so groß geworden, dass eigentlich eine Familie mit normalem Einkommen das kaum schultern kann. Wenn es (mit der Kindergrundsicherung) so kommt wie jetzt geplant, dann ist das absolut nicht ausreichend.

Diese 12 Milliarden, die die Familienministerin fordert, wäre das ausreichend? Haben Sie das mal ausgerechnet?

Ganz salopp könnte man jetzt sagen: „Es kann nie genug sein.“ Aber die 12 Milliarden wären schon ein Zeichen, dass es ernst ist. Es sind ja auch Erwartungen geweckt worden.

Das Zusammenführen der verschiedenen Leistungen ist per se schon mal gut. Es hat sich kaum noch jemand im Dschungel der Förderungen ausgekannt zwischen dem Kinderfreibetrag, dem Kinderzuschlag und dem Bildungs- und Teilhabegesetz – und was da alles noch kommunal eine Rolle spielt. Also, die Bündelung ist erst einmal eine gute Idee, aber es muss dann auch mit Zahlen unterfüttert werden, die besser sind als 2 Milliarden. Auf jeden Fall.

Das Bundesfamilienministerium ist ja in der Hand einer Grünen-Politikerin, das Finanzressort wiederum liegt in FDP-Hand. Sehen wir hier möglicherweise auch eine Auseinandersetzung der politischen Lager auf Kosten von Kindern, den es finanziell nicht so gut geht?

Ich will erst einmal feststellen, dass es eine Regierung ist, eine Ampelkoalition. Die hat sich das im Koalitionsvertrag so vorgenommen. Deswegen ist es mir eigentlich egal, von welcher Partei gesteuert oder nicht unterstützt wird.

Natürlich, wenn es heißt: „Das Familienministerium muss aus eigenen Mitteln refinanzieren“, dann kann ich mir nicht vorstellen, wie das gehen soll. Wenn es das schultern muss, dann muss es (Mittel) woanders wegnehmen. Das heißt, dass diejenigen, die ich unterstützen möchte, es dann selbst über andere Wege wieder bezahlen. Das kann kein guter Weg sein.

Insofern muss in der Koalition gemeinsam ein Weg gefunden werden, dass das, was notwendig für Familien ist, auch aufgebracht wird.

In der Kindergrundsicherung sollen ja künftig Kindergeld, Kinderzuschlag und auch noch weitere Zahlungen an Familien gebündelt werden. Ist das in Ihren Augen sinnvoll?

Wir halten eine Bündelung auf jeden Fall für sinnvoll. Wenn man sich in dem ganzen Förderdschungel nicht mehr auskennt, gerade wo es dann um Förderanträge – um Bürokratie letztlich – geht, sind Familien zum Teil überfordert. Eine Vereinfachung ist auch für die Verwaltung besser, dann muss sie nicht so viel überprüfen.

Da sind wir voll dabei. Der Weg ist richtig: also Vereinfachung, Bündelung, Zusammenfassung, aber eben unbürokratisch und nicht noch mehr Bürokratie.

Am Mittwoch soll der Haushaltsplan für das kommende Jahr verabschiedet werden und da soll es auch um die Eckdaten für die Folgejahre gehen – und damit eben auch um die Kindergrundsicherung. Sind Sie denn zuversichtlich, dass es bis dahin ein tragfähiges finanzielles Konzept geben wird?

Im Moment fehlt mir die Vorstellungskraft, dass, was die ganze Zeit nicht gelöst werden konnte, nun plötzlich in zwei Tagen gelöst werden kann. Da muss dann ein Ressort sagen: „Wir haben das Geld noch, wir könnten es in die große Schatulle legen.“ Wenn das nicht geschieht, wird es bei den 2 Milliarden bleiben. Das ist überhaupt nicht ausreichend. Das wäre dann enttäuschend.

So, wie ich das jetzt einschätze, wird es kaum mehr werden. Dann wird vielleicht eine Mogelpackung entstehen, wo man Kindergrundsicherung dazu sagt, aber (tatsächlich) eine Umverteilung von den Familien selbst geschieht, die aber nicht im Interesse unseres Verbandes bzw. der Familien sein kann.

Der Radiobeitrag von mdr AKTUELL ist hier aufrufbar.

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