Das paritätische Wechselmodell bei einer Trennung der Eltern sollte als gesetzlicher Regelfall eingeführt werden, sofern es keine einvernehmliche anderweitige Regelung der Eltern gibt und es im Einzelfall nicht dem Kindeswohl widerspricht.
Das Residenzmodell bedeutet: Das Kind lebt mit einem Elternteil; der andere bezahlt. Das paritätische Wechselmodell dagegen bedeutet: Das Kind lebt abwechselnd mit beiden Elternteilen und beide teilen sich – selbstverständlich eventuelle unterschiedliche Einkommen berücksichtigend – die Unterhaltskosten.
Die bestehenden gesetzlichen Regelungen für den Umgang von Kindern mit ihren Eltern nach einer Trennung der Eltern sind in Deutschland zurzeit auf das Residenzmodell ausgerichtet. Das ist in vielen Staaten (z.B. in Schweden, Italien oder Belgien) anders. Dort ist das Wechselmodell bereits gesetzlicher Regelfall.
In der Parlamentarischen Versammlung des Europarates haben sich die Vertreter aus 46 Mitgliedstaaten in ihrer Resolution 2079 (2015) vom 2. Oktober 2015 einstimmig für die Einführung des Wechselmodells als gesetzlichen Regelfall ausgesprochen. Auch Artikel 9 Absatz 3 und Artikel 18 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention geben dem Kind einen Anspruch auf Umgang mit beiden Eltern, da dies dem Kindeswohl dient. Seine stärkste und sicherste Verwirklichung findet dieser Anspruch im Wechselmodell als gesetzlichem Regelfall.
Das deutsche Familienrecht mit der einseitigen Ausrichtung auf das Residenzmodell trägt bislang dazu bei, dass einseitige und überholte Rollenbilder gefördert werden, bei denen die Betreuungsleistung meist bei den Müttern liegt, während den Vätern die Rolle der Unterhaltzahlenden zukommt. Es liegt auch an diesem alten Rollenverständnis, dass Alleinerziehende überdurchschnittlich häufig von Altersarmut betroffen sind und oft in Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen geraten. Gleichzeitig führt dieses veraltete Rollenbild zu einer Entfremdung des Kindes von einem Elternteil.
Das Prinzip “Eine(r) betreut, eine(r) bezahlt” ist überholt. Das Wechselmodell, bei dem beide Eltern auf Augenhöhe an der Erziehung des gemeinsamen Kindes beteiligt sind, nimmt an Bedeutung zu. Eine breite Mehrheit der Bevölkerung befürwortet eine gemeinsame Kinderbetreuung auch nach einer Trennung der Eltern.¹
Roman Simon
Kinder- und familienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus,
Mitglied im Deutschen Familienverband, Landesverband Berlin e.V.
Fußnote 1: Siehe hierzu: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 7255 (2017), S. 16, Schaubild 11
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