Der Deutsche Familienverband (DFV) und der Familienbund der Katholiken (FDK) betonen die Bedeutung des Klima-Urteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) für die im Generationenvertrag finanzierte Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Die Verbände halten eine Beitragsentlastung von Familien nicht nur aus Gründen der gleichwertigen Bewertung monetärer und generativer Beiträge, sondern insbesondere mit Blick auf die Generationengerechtigkeit für erforderlich.

(Berlin). „Das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts setzt neue Maßstäbe. Belastungen müssen über Generationen hinweg gerecht verteilt sein“, sagt Siegfried Stresing, DFV-Vizepräsident. „Generationengerechtigkeit ist nicht auf den Umweltschutz beschränkt. Diese Entscheidung verlangt eine analoge Antwort für die seit Jahrzehnten bestehende Familienblindheit der Sozialversicherung.“

Ulrich Hoffmann, Präsident des Familienbunds, erläutert: „Eine Sozialversicherung, die durch eine strukturelle Benachteiligung von Familien ökonomische Anreize gegen Kinder setzt und zeitgleich Familien in der Erziehungsphase dringend benötigte Mittel entzieht, führt zur Überlastung der gegenwärtigen und nächsten Generation. Der demografische Wandel verstärkt die Situation. Weniger Kinder müssen in Zukunft höhere Beiträge stemmen. Das führt zwangsläufig zur Einschränkung der persönlichen Freiheit. Gegen eine solche einseitige Belastung der jungen Generation wendet sich das Bundesverfassungsgericht.“

Vor diesem Hintergrund fordern der DFV und der Familienbund eine Beitragsentlastung für Familien durch einen Kinderfreibetrag analog zum Steuerrecht. Derzeit klagen 2.000 Familien mit Unterstützung der beiden Verbände auf Generationengerechtigkeit in der Sozialversicherung. Zwei Verfassungsbeschwerden und eine Richtervorlage liegen beim BVerfG. Auf dem Weg nach Karlsruhe mussten die Kläger mehrere unsägliche Urteile von Sozialgerichten hinnehmen, die dem wegweisenden Pflegeversicherungsurteil des BVerfG widersprachen oder es gar ins Gegenteil verkehrten.

Heutige Versäumnisse in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung zerstören die sozialen Ressourcen der Nachwuchsgeneration und damit deren Freiheitsspielräume in exponentiell zunehmendem Maße. Besonders deutlich wird dies an der beharrlichen Weigerung des Bundesgesetzgebers, den Auftrag aus dem Beitragskinderurteil des BVerfG zur Pflegeversicherung (03.04.2001) sachgerecht umzusetzen. In diesem hatten die Karlsruher Richter entschieden, es sei mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren, dass Versicherte mit Kindern einen gleich hohen Beitragssatz wie Mitglieder ohne Kinder leisten müssen.

„Wenn Rechte derzeitiger und künftiger Generationen durch eine unfaire Lastenverteilung in der gesetzlichen Sozialversicherung unzumutbar eingeschränkt werden, muss das Grundgesetz Schranken setzen“, so Hoffmann. „Die Sozialversicherung muss auf die Leistungsfähigkeit von Familien Rücksicht nehmen. Einkommen, das zur Existenzsicherung des Kindes benötigt wird, darf nicht mit Abgaben belastet werden.“

„Familien lassen sich nicht leicht unterkriegen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich Familienverbände durch die Instanzen klagen, um dann vor dem Bundesverfassungsgericht weitreichende Familienurteile zu erstreiten“, sagt Stresing und verweist auf die Urteile zum steuerfreien Existenzminimum (29.05.1990) und das Trümmerfrauenurteil (07.07.1992).

Selbst der oberste Sozialrichter, der Präsident des Bundessozialgerichts Rainer Schlegel, sieht in der Entscheidung eine „epochale“ Neuausrichtung des Verfassungsrechts mit weitreichenden Folgen – auch für die Zukunft des Sozialstaats.

Stresing äußert sich zurückhaltender: „Das Wesen des Generationenvertrages bleibt vielen, auch wegen irreführender öffentlicher Darstellungen, verborgen. Realitäten werden geleugnet, Beiträge aus der Vergangenheit werden als Substanz der individuellen Altersversorgung betrachtet. Solange dieser fundamentale Irrtum und die daraus abgeleitete Anspruchshaltung genährt werden, sind keine Veränderungen zu erwarten.“

Hoffmann fügt hinzu: „Die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung muss die wirtschaftliche Realität transparent zum Ausdruck bringen: Die monetären Beiträge dienen der Finanzierung der heutigen Renten, die eigene Altersvorsorge wird ausschließlich durch die Beiträge der nächsten Generation gesichert. Investitionen in Kinder sind eine Investition in die Altersvorsorge von allen.“

Die Bundesregierung verneint in einem Gutachten vor dem Bundesverfassungsgericht die Notwendigkeit von Änderungen im System der gesetzlichen Sozialversicherungen. Eine aktuelle Verbände-Antwort hierauf liegt dem Bundesverfassungsgericht inzwischen vor.

Weitere Informationen

Webseite mit Verfassungsbeschwerden zur Benachteiligung von Familien in der Sozialversicherung: www.elternklagen.de

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