Das Existenzminimum einer Familie muss von der Einkommensteuer freigestellt sein, nur was darüber hinausgeht, darf besteuert werden. So entschied das Bundesverfassungsgericht am 29. Mai 1990 im Urteil zum steuerfreien Existenzminimum. Die Vorgabe des Familienurteils setzt der Gesetzgeber bis heute nicht konsequent um, weil Kinderfreibetrag und Kindergeld zu niedrig sind.

(Berlin). Vor 30 Jahren stellte das Bundesverfassungsgericht klar, dass der steuerrechtliche Grundsatz der Leistungsfähigkeit auch für die Erziehung von Kindern gilt. Daher muss das Existenzminimum von allen Familienmitgliedern – also auch von den Kindern – steuerfrei sein. „Es geht hier um Steuergerechtigkeit für Familien. Auch ihnen darf der Staat nicht durch Steuern nehmen, was sie mindestens zum Leben brauchen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbands (DFV).

Laut Bundesverfassungsgericht muss das Existenzminimum von Kindern in realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer freigestellt werden. Eine schwierige Haushaltslage kann die verfassungswidrige Besteuerung von Familien nicht rechtfertigen, stellt das Bundesverfassungsgericht außerdem klar.

Was heißt realitätsgerecht?

Für den DFV muss der Kinderfreibetrag genauso hoch wie der Grundfreibetrag für Erwachsene sein. „Eltern haben in der Regel nur geringfügig höhere Ausgaben für sich selbst, als für ihre Kinder. Eher ist es umgekehrt. Damit Familien nicht bei den Einkommensteuern benachteiligt werden, muss der Kinderfreibetrag auf die Höhe des Grundfreibetrags von aktuell 9.408 Euro angehoben werden“, so der Verbandspräsident. Mehrmals habe die Politik den Familien die Erhöhung des Kinderfreibetrags auf die Höhe des Grundfreibetrags versprochen – auch Angela Merkel kurz vor der letzten Bundestagswahl.

Der Kinderfreibetrag ist nach Einkommensteuergesetz mit dem Kindergeld verbunden und wird damit verrechnet. Wenn der Kinderfreibetrag realitätsgerecht erhöht werden würde, müsste auch das Kindergeld angehoben werden. „Das Kindergeld muss so hoch wie die maximale steuerliche Wirkung des Kinderfreibetrags sein. Nur so gibt es Steuergerechtigkeit und bessere Förderung für alle Familien“, sagt Zeh.

Der DFV geht davon aus, dass jedes Kind dem Staat gleich viel wert sein muss. Bei einem Grundfreibetrag von 9.408 Euro ist dafür 2020 mindestens ein Kindergeld von 330 Euro pro Kind und Monat erforderlich. Der Kinderfreibetrag liegt momentan bei 7.812 Euro.

Weiterführende Informationen

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Zur Person

Dr. Klaus Zeh ist Präsident des Deutschen Familienverbandes. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Von Beruf Ingenieur, engagiert er sich seit 1989 politisch. Er war stellvertretender Vorsitzender des Demokratischen Aufbruchs und von 1990 bis 2012 Mitglied im Thüringer Landtag.

Im Freistaat Thüringen war Dr. Klaus Zeh Finanzminister (1990-94) und Familienminister (2003-2008) sowie Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei (2008-2009). Seit Juni 2011 bekleidet er das Amt des Präsidenten des Deutschen Familienverbandes. Von Juli 2012 bis Mai 2017 war er Oberbürgermeister der Stadt Nordhausen.

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