Gesundheitsexperten haben sich in einer Anhörung mit der Kassenzulassung des nichtinvasiven Pränataltests (NIPT) befasst und neben den Vorteilen auch die Nachteile und Besonderheiten diskutiert.
Einige Sachverständige sprachen sich dafür aus, die Auswirkungen der aktuellen Rechtslage systematisch zu überprüfen und auf diese Weise an aufschlussreiche Daten zu kommen. Die Expertinnen und Experten äußerten sich am Mittwoch (09.10.2024) in der Anhörung des Gesundheitsausschusses sowie in schriftlichen Stellungnahmen.
In einem interfraktionellen Antrag fordern Abgeordnete, die Folgen der Kassenzulassung des NIPT systematisch auszuwerten. Nach der Einigung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sei der NIPT seit Juli 2022 eine Kassenleistung, sofern die Schwangere zusammen mit der Gynäkologin zu dem Schluss komme, dass der Test notwendig sei.
Der Berufsverband der Frauenärzte erklärte, Aufklärung und Beratung der Frauen fänden auf höchstem Niveau statt. Die fachgebundene genetische Beratung zur NIPT-Trisomie dürfe nur von dafür qualifizierten Ärzten erbracht werden. Daher stelle sich die Frage, welches übergeordnete Gremium die Qualität weitergehend überprüfen solle.
Der Verein „mittendrin“, ein Zusammenschluss von Eltern behinderter Kinder, kritisierte, mit der Kassenfinanzierung des NIPT werde die gesellschaftliche Vereinbarung getroffen, dass ein Kind mit Trisomie vermeidbar sei. Der Test verschiebe den Blick auf Behinderung von einer sozialen zu einer individuellen Verantwortung. Behinderung lasse sich aber nicht wegtesten. Es sei besorgniserregend, dass es bei einer breiten Anwendung des NIPT auch bei jüngeren Schwangeren vermehrt zu falsch-positiven Befunden komme.
Die Bremer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle Cara erklärte, bei einem auffälligen Testergebnis gerieten die betroffenen Frauen und ihre Partner in Schockzustände und Krisen. Der erste Impuls sei, die Schwangerschaft abzubrechen. Anders als der NIPT ermögliche das Ersttrimester-Screening (ETS) eine sehr weitgehende Beurteilung des Feten.
Der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken erinnerte in der Anhörung an vergebliche Bitten in den vergangenen Jahren, die Nutzung molekulargenetischer Testverfahren in der Schwangerschaft politisch zu regeln, da es sich um fundamentale ethische Grundfragen handele. Hecken betonte, der Bluttest sei nicht als Einstieg in ein Massen-Screening gedacht.
Marion Baldus von der Hochschule Mannheim gab zu bedenken, dass der niederschwellige Test von den Frauen als geprüfte und sinnvolle Maßnahme eingeschätzt werde. Im Vordergrund stehe die Sicherheit und Sorgenfreiheit und der Wunsch nach Bestätigung, ein gesundes Kind zu bekommen. Sie betonte, sobald der NIPT als Kassenleistung breit eingesetzt werde, werde er zur Norm. Dies sei derzeit zu beobachten.
Zu Wort kam in der Anhörung auch Carina Kühne, die selbst das Down-Syndrom hat und eindringlich dafür warb, mehr Verständnis aufzubringen für Menschen mit einer Anomalie. Es mache sie traurig, wenn Schwangerschaften abgebrochen werden.
Quelle: Heute im Bundestag (hib)
Kostenfrei im DFV-Newsletter anmelden
Informationen zur Familienpolitik, Finanzen, Gesundheit, Bildung und alles rund um Familie