Der Deutsche Familienverband betrachtet die ersten 100 Tage Familienpolitik der neuen Bundesregierung als ernüchternd.

(Berlin). „Für die ersten 100 Tage einer neuen Regierung gilt normalerweise eine Schonfrist, aus familienpolitischer Sicht ist es allerdings sehr lahm angelaufen“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes (DFV). „Die Ampel hat sehr viel versprochen, setzt aber bisher zu wenig um. Es ist eigentlich kaum möglich, die ersten drei Regierungsmonate in der Familienpolitik zu bewerten, weil schlicht und einfach kaum etwas auf den Weg gebracht worden ist.“

Der Deutsche Familienverband kritisiert, dass bis heute nicht einmal die Vorhabenplanung des Bundesfamilienministeriums veröffentlicht wurde. Selbst unter Mitgliedern des Familienausschusses des Bundestages ist das auf erhebliche Kritik gestoßen.

Energie

Bei der Bekämpfung der Kinder- und Familienarmut in Deutschland ist nach Auffassung des Deutschen Familienverbandes die Kraftanstrengung bisher mangelhaft. Es ist davon auszugehen, dass der durchschnittliche Jahresverdienst von 41.500 Euro (2021) auf 38.900 Euro fallen wird. Die Inflation, die bereits vor der Ukraine-Krise bei 4,9 % lag, liegt mittlerweile über 5 % und die Energiepreise erreichen Rekordhöhen. „Der Krieg in der Ukraine wird die Situation weiter verschärfen mit dramatischen Auswirkungen für die Familien. Deshalb muss die Regierung Familien jetzt in den Blick nehmen und zeigen, wie sie sie stützten will“, so Zeh.

Laut dem Verbandspräsidenten ist die Grundversorgung mit Energie für viele Familien ein Luxusgut geworden. Wenn Familien nicht mehr in der Lage sind, Heizöl einzukaufen und zu Hause frieren, dann habe der Staat dafür zu sorgen, dass die Steuern auf Energieprodukte gesenkt werden. „Es wird längst Zeit, sich mit der Frage zu beschäftigen, warum Verbraucher Spitzensteuern von bis zu 50 % auf Energie bezahlen müssen“, so Zeh. „Die CO2-Bepreisung wird die Lage zum Jahresanfang 2023 sogar noch deutlich verschärfen. Hier ist dringender Reformbedarf angeraten, sonst droht beim Thema Energie eine drastische soziale Unwucht.“

Kinder-Sofortzuschlag

Den Gesetzesentwurf zur Einführung des Kinder-Sofortzuschlages hält der Deutsche Familienverband für ungenügend. „20 Euro monatlich je Kind wird keine einzige Familie aus der Armutsfalle holen. Es reicht nicht einmal als ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt. Der Sofortzuschlag ist ein familienpolitisches Desaster, welcher weit unter den Forderungen der Familien- und Sozialverbände liegt“, sagt der Verbandspräsident.

Elterngeld

„Beim Elterngeld sieht man keinen politischen Willen, das Elterngeld zu erhöhen, obwohl das längst geboten wäre“, sagt Zeh. Seit Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 wurde der Basisbetrag von 300 Euro nicht verändert. Die fehlende Anpassung des Elterngeldes an die familiären Realitäten führt dazu, dass Mütter, die mehrere Kinder bekommen, finanziell abgestraft werden. Deutlicher wird der Handlungsbedarf, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass der Vorläufer des Elterngeldes – das Erziehungsgehalt – im Jahr 1986 bereits 600 DM betragen hat. Der Kaufkraftverlust beträgt seitdem bis heute etwa 50 Prozent.

Steuern und Abgaben

Der Horizontale Vergleich des Deutschen Familienverbandes zeigt, dass Familien nach Abzug von Steuern und Abgaben und zzgl. Kindergeld bereits ab dem zweiten Kind unter das steuerliche Existenzminimum rutschen. Die Einführung eines Kinderfreibetrages in der gesetzlichen Sozialversicherung ist nicht auf dem familienpolitischen Schirm der Bundesregierung. Stattdessen haben Familien weitere Belastungen in der Sozialversicherung zu befürchten. Für die Pflegeversicherung kündigt der Ampel-Vertrag bereits Beitragserhöhungen an, auch in der Renten- und Krankenversicherung ist mit steigendem Ausgabendruck zu rechnen. Das lehnt der Deutsche Familienverband ab. Familien werden abermals in Mithaftung für eine demografische Entwicklung genommen, für die sie am wenigsten etwas können.

Bauen und Wohnen

Der Deutsche Familienverband begrüßt die Absicht von Bundesbauministerin Klara Geywitz, ein Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen auf den Weg zu bringen. „Wohnen und Bauen muss bezahlbar sein. Auch in den Innenstädten“, sagt Zeh. „Neben der Reform der Grunderwerbsteuer braucht es eine Bauoffensive und eine kluge Eigenheimförderung für junge Familien. Die Wohnsituation entscheidet wesentlich darüber mit, wie sich die Kinder entwickeln und ob das Familienleben gelingt. Auch ob Menschen den Mut finden, sich für mehrere Kinder zu entscheiden, hängt nicht zuletzt vom Wohnen ab.“

Familie und Corona

Die Corona-Pandemie ist weiterhin eine große Belastungsprobe für Familien, insbesondere die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Schule. Der Deutsche Familienverband sieht es als positiv an, dass das Aktionsprogramm des Bundesfamilienministeriums namens „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ im Jahr 2022 mit 272 Millionen Euro ausgestattet wird. Das ist eine sinnvolle Hilfe, um Lernrückstände zu beseitigen.

Weitere Informationen

Horizontaler Vergleich 2021 (PDF)

Familienpolitische Analyse des Koalitionsvertrages von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP (PDF)

Bezahlbares und familiengerechtes Wohnen (PDF)

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